Yin und Yang - eine Lebensphilosophie ?

Seit altersher versuchen die vielen Religionen dieser Welt, Antworten auf die Urfragen der Menschen zu geben: Woher komme ich ?Wohin gehe ich ?Was ist der Sinn meines Lebens ? Wie lebe ich in Harmonie und Eintracht mit der Welt, in der ich lebe und von der ich selbst ein Teil bin ?Nun wissen wir alle, daß für bestimmte Kulturkreise bestimmte Religionen prägend sind und waren. Hier im Abendland ist dies sicherlich die Religion des Christentums, im asiatischen Bereich sind dies andere Religionen und Philosophien, z.B. der Buddhismus oder auch der Taoismus, mit dem ich mich sehr verbunden fühle.

 Was ist die Lehre des Taoismus ?

Der Begründer dieser Philosophie ist der Philosoph Lao-Tse, der im 6. Jahrhundert vor Christus lebte und das Buch Tao Te King niederschrieb. Seine großen Ziele sind Frieden und Fortschritt. 

Tao wird im Westen zumeist als "Der Weg" wiedergegeben; das ist nicht falsch, aber es ist ein Weg voller Windungen, der stets neue, überraschende Aussichten bietet, der das Definitive und Bestimmte vermeidet, das die sogenannte gerade Straße charakterisiert.

Der Name Tao steht für die schaffende Naturkraft.
Tao ist der Urgrund der Welt, eine geistige, schon vor der Erschaffung der Welt in sich ruhende geistige Potenz. Aus dem Tao gehen dann Himmel und Erde hervor, und aus beiden dann wiederum die Dinge der Welt.

Drei Prinzipien bestimmen die Lebensart eines Taoisten:

1. Das Gesetz der Harmonie:
Das Universum wird durch die Spannung zwischen Positiven und negativen Kräften, zwischen den Polaritäten Yin und Yang zusammengehalten.
Yin und Yang werden sehr oft als männliche und weibliche Prinzipien angesehen. Es geht hier nicht so sehr um männliche und weibliche Individuen, sondern um Merkmale, die zwar in dem einen oder anderen Geschlecht vorherrschen, aber nicht auf dieses beschränkt sind.
Weder darf das männliche Individuum seine weibliche Komponente, noch darf das weibliche seine männliche Komponente vernachlässigen.

2. Das Gesetz der ständigen Wandels:
Alles befindet sich in einem beständigen Zustand des Fließens (wie von Wasser).

3. Jede Veränderung verläuft zyklisch.
Sie ist bestimmt durch Geburt, Wachstum, Zerfall und Tod.

Aus Ruhe entsteht Bewegung, aus Nicht-Sein Sein und daraus wieder das Gegenteil.

Tao ist das Bewegende, wobei der Begriff Bewegung umfassend zu denken ist und auch die Ruhe einschließt. Es bewegt sich nach dem Gesetz der Natur. Auch Natur ist umfassend zu verstehen, als ursprüngliches Wesen.

Das Buch Tao te King umfaßt 81 Kapitel über Bewußtwerdung, innere Gestaltung, Führung, Organisation... Ich darf mich auf einen kleinen Teil beschränken, was jeden Einzelnen direkt betrifft.

Lao Tse sieht das Menschsein als ein Unterwegssein auf dem Weg der Vervollkommnung .

Der Weg dorthin ist durch Selbsterkenntnis

Um ganz zu werden kehr dich nach innen

und Selbstbezwingen

Wer andere kennt, ist klug.
Wer sich selber kennt, hat Einsicht.
Wer andere bezwingt, hat Gewalt
Wer sich selbst bezwingt, hat Stärke

Für die Taoisten sind Mensch und Welt untrennbar auf einander bezogen und streben danach, eine Einheit zu bilden.

Man gelang dorthin durch Ausformung des inneren Bewußtseins, Verfeinerung der Instinkte und intuitives Reagieren auf die Welt.

Den Zustand des EINSSEINS anzustreben ist eine zentrale taoistische Denkübung. Die Interdependenz und die rhythmischen Wechselwirkung zwischen aller Materie und Energie, symbolisiert durch Yin und Yang, im Universum zu verspüren.

Ob diese Materie und Energie sich nun zu einem Sonnensystem oder einer Familie verbunden haben - sofern sie existieren, befinden sie sich in wechselseitiger Abhängigkeit.

Gerade in den Verkettungen zwischen den universalen Phänomenen kann die Wahrheit des Seins geistig erfaßt werden. Dieses Streben nach innerer Einheit verleiht den Taoisten eine große äußerliche Freiheit, denn das Herz des Menschen hängt nicht an Besitz und Wohlstand, es kann loslassen, wenn etwas dem Streben nach Einheit im Wege steht.

Schließe die Pforte
Verriegele das Tor
Stumpfe die Schärfe
Löse die Schlingen
Mildere den Glanz
Werde eins mit den Wegen der Welt
Tiefste Ineinsetzung ist dies genannt

Da diese Geiteshaltung nicht durch soziale oder intellektuelle Strategien erreichbar ist, kann man Menschen, die diesen Zustand erreicht haben, ihrerseits weder benutzen noch zu etwas zwingen. Sie haben durch unbestechliche Einfachheit und innere Wahrhaftigkeit persönliche Kraft erlangt.

Der Taoist schöpft seine Kraft aus der Anpassungsfähigkeit. Nichts in der Natur ist statisch. Jede Art von Starre, sei es die von den Wertsystemen, von Verhaltenmustern oder selbst von körperlichen bzw. geistigen Gewohnheiten, kann zur eigenen Vernichtung führen.

Der Taoist ist spontan, aufgeschlossen für alle Arten an Informationen und verläßt sich nicht auf zu erlernende soziale Techniken.

Durch den ganzheitlichen Verstehenansatz (räumlich. ästhetisch kompetente rechte Gehirnhemisphäre, analytisch, logisch linke Gehirnhemisphäre) erreicht man umfassende, präzise Sicht der Realität, weil Stimmung, Wandel, Möglichkeiten wahrgenommen werden.

Der Zustand der Vervollkommnung ist unerreichbar. Wenn reife Menschen aufhören, sich mit dem Prozeß ihrer Vervollkommnung zu identifizieren, wird ihr inneres Wachstum enden und ihr Verfall beginnen.

Das Ziel eines Taoisten ist, durch die Selbstentfaltung zu einer verborgenen geistigen Schwerkraft und einer tiefen Einsicht zu gelangen.

Wir erreichen letztlich, daß wir das, was wir mit unserem Bewußtsein berühren, ein wenig entfalteter und reifer zurücklassen., als wir es angetroffen haben. Und genau darin liegt unsere Erfüllung.

Wer stirbt und doch nicht vergeht, der lebt.

Bücher:

Der Weg und die Kraft , R.L.Wing

Die Kraft des CH´I. Michael Page

Der Lauf des Wassers, Alan Watts